Stretching - Übungen zur Dehnung der Muskelfasern
Stretching, der englische Begriff für das Dehnen der Muskelfasern,
ist längst in unseren Sprachgebrauch übergegangen. Und
sicherlich kennt jeder die ein oder andere Stretching-Übung
oder führt sie ganz unbewusst und automatisch zwischendurch
aus: Das Ausstrecken der Beine bis in die Zehenspitzen nach einem
anstrengenden Arbeitstag und die Dehnung der Rückenmuskulatur
bei Schmerzen sind nur zwei Beispiele dafür, wie wohltuend das
Stretching sein kann. Darüber hinaus benötigt es keinerlei
Vorbereitung und kann je nach Übung einfach zwischendurch, also
auch im Büro oder zu Hause, durchgeführt werden. Neben
diesen allgemein wohltuenden Streckungen und Dehnungen wird gezieltes
Stretching aber insbesondere zur Vor- und Nachbereitung des Sporttrainings
sowie außerdem im physoptherapeutischen Bereich eingesetzt.
In beiden Fällen wird eine Verbesserung der Beweglichkeit durch
die Dehnung der beteiligten Muskelfasern angestrebt. Dabei darf der
Dehnungsreiz bei allen unten vorgestellten Stretching-Übungen
nur sehr kurz sein, da sich der Effekt sonst in sein Gegenteil verkehrt.
Grundsätzlich gilt: Die Muskeldehnung zur Verlängerung
der Muskelfasern und somit einer kurfristigen Verbesserung von Leistung
und Beweglichkeit sollte nicht länger als etwa eine halbe Minute
andauern. Danach wird die Muskeldehnung durch einen komplexen Prozess
innerhalb des Muskelgewebes wieder umgekehrt, und der Muskel verkürzt.
Dies kann unter Anderem zu Rissen und Verletzungen der Muskelzellen
führen, was durch die Stretching-Übungen ja vermieden werden
sollte. Darüber hinaus ist Stretching auch nicht bei allen Sportarten
sinnvoll- im Fußball beispielsweise werden die Muskeln gar
nicht in der Art und Weise beansprucht, als dass eine Unterstützung
durch Dehnübungen nötig wäre. Bei gezieltem und professionell
ausgeführten Stretching kann dies aber durchaus zur Leistungssteigerung
und zu einer verbesserten Beweglichkeit führen. Neben der Dauer
jeder Übung sollte deshalb auch bekannt sein, welche Dehnungsmethoden
für welchen Einsatz ideal sind. Auf dieser Seite finden Sie
eine kleine Übersicht über das Stretching und seine verschiedenen
Varianten. Mitunter werden auch mehrere Methoden miteinander kombiniert,
um ein individuelles Trainings bestmöglich zu unterstützen.
Dynamisches Stretching
Wie der Name bereits andeutet, wird die Dehnung beim Dynamischen Stretching kontinuierlich
verändert. So verharrt man nicht in einer Position, sondern wechselt stetig
zwischen Lockerung und Anspannung des jeweiligen Muskels. Beispielsweise kann
eine Dehnung der Armmuskulatur durch gezieltes Auf- und Abwippen dieser noch
intensiviert werden. Dabei bewirkt das dynamische Stretchen nicht nur eine Aufwärmung
des Muskels durch eine intensivere Durchblutung, sondern kann sich auch positiv
auf die Muskelkraft sowie auf die Koordination zwischen Muskel und Nervengewebe
auswirken. Aus diesem Grunde finden sich dynamische Stretching-Übungen sowohl
im Kraftsport als auch in der Physiotherapie (siehe "PNF-Therapie").
Statisches Stretching
Im Gegensatz zum dynamischen Stretching bleibt die Dehnung im Statischen
Stretching fest und unbewegt. Hierbei werden spezielle Dehnübungen durchgeführt
und für eine kurze Dauer von maximal 45 Sekunden gehalten. Ein längeres
Halten der Übungen ist kontraproduktiv und verschlechtert den Dehnungseffekt
eher. Statisches Stretching verbessert die Kraft-Ausdauer-Kondition des Muskelgewebes
und ist daher sowohl im phystiotherapeutischen Bereich als auch als alleiniges
Trainings sinnvoll. In Kombination mit dem Aufwärmtraining vor dem Sport
ist das Statische Stretching inzwischen eher umstritten (siehe unten: "Wann und
wie sollten die Dehnungen durchgeführt werden?") Neben den eigentlichen
statischen Übungen kommen während der Stretching-Einheit oftmals auch
sogenannte AC-Übungen zum Einsatz. Dieses Kürzel steht für "Antagonist
Contract" und bedeutet die Kontraktion vom Muskel sowie dessen Gegenspieler.
So gibt es bestimmte Muskeln, die bei einem Dehnungsreiz automatisch auch ihre
Gegenspieler zur Anspannung bzw. Kontraktion bringen. Hierbei gibt es spezielle Übungen,
die sowohl den eigentlich angesprochenen Muskel als auch dessen Gegenspieler
trainieren können.
Andere Methoden: Die PNF-Therapie
PNF steht für propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation. Es handelt
sich hierbei um eine neurophysiologische Maßnahme zur Verbesserung der
Beweglichkeit und insbesondere auch zur Verbesserung der Koordination und somit
der genauen Bewegungsabläufe. Weil Stretching eine entscheidende Rolle spielt
bei diesem Verfahren, wird es umgangssprachlich auch als PNF-Stretching oder
als isometrisches Dehnen bezeichnet. Die PNF-Therapie kommt bei unterschiedlichen
Indikationen zum Einsatz. Große Bedeutung hat die Methode zur Behandlung
von Erkrankungen des Zentralnervensystems, aber auch zur Rehabilitation nach
Unfällen und Operationen. Die behandelbaren Erkrankungen umfassen unter
Anderem Entzündungen des Rückenmarks, Multiple Sklerose sowie die Rehabilitation
von Schlaganfällen. In all diesen Situationen ist der natürliche Bewegungsablauf,
welcher normaler Weise von speziellen Rezeptoren im Muskelgewebe gespeichert
ist und demnach jederzeit abgerufen werden kann, gestört. Bei dieser speziellen
neurophysiologischen Bewegungstherapie wird dieser Bewegungsablauf nun nach und
nach wieder "einstudiert". Hierzu macht sich der behandelnde Therapeut gewissermaßen
einen Trick zu nutze, mit dem die Rezeptoren des Muskelgewebes absichtlich irritiert
werden: Durch gezielte Stretching-Übungen wird das Nervensystem nun zusätzlich
mit Informationen der beanspruchten Dehnungs-Rezeptoren überflutet. Diese
Dehnungsrezeptoren messen beispielsweise die Länge der Muskelfaser bei Dehnung
und ermitteln an Hand dieser die möglichen Bewegungsabläufe. Das stetige
Stretchen in unterschiedlicher Form (siehe oben: Zum Beispiel Statisches oder
Dynamisches Stretching) ermöglicht nun Schritt für Schritt ein Ersetzen
der gestörten Bewegungsabläufe durch neue, korrekte Bewegungen, welche
nach und nach trainiert werden.
Wann und wie sollten die Dehnungen durchgeführt werden?
Stretching kann eine sinnvolle Methode zur kurzfristigen Leistungsverbesserung
im sportlichen Bereich sein. In letzter Zeit gab es jedoch unter Wissenschaftlern
und Medizinern erhitzte Debatten darüber, ob und inwiefern Dehnungsübungen überhaupt
zur Verbesserung der Beweglichkeit und zur Verhinderung von Sportverletzungen
beitragen können. In jedem Falle ersetzen Dehnungsübungen nicht das
Aufwärmtraining, ganz im Gegenteil: Nicht aufgewärmte Muskeln könnten
durch übermäßige Dehnungsreize noch schneller reißen oder
verletzt werden. Es gilt deshalb, vor jeder Stretching-Einheit ein entsprechendes
lockeres Aufwärmtraining, beispielsweise durch leichtes Laufen oder Fahrrad
fahrenm durchzuführen. Wer statt Ausdauer- ein Krafttraining absolvieren
möchte, sollte auch hier vor die Dehnübungen entsprechend leichteres
Kraft-Aufwärmen stellen. Nach einem solchen Aufwärmtraining ist der
Körper optimal vorbereitet für kurze Stretchingübungen, welche
die Leistungsfähigkeit dann zusätzlich steigern können. Auch nach
dem Training möchten viele Sportler nicht auf ihre Dehnungseinheiten verzichten.
Dabei haben neuere Untersuchungen gezeigt, dass Stretching sehr wahrscheinlich
nicht vor einem Muskelkater schützen kann. Auch hier gilt: Unprofessionell
bzw. unsauber ausgeführt, können die Übungen sogar eher schaden.
Deshalb sollte auch hier sehr sorgfältig gestretcht werden. Bei Leistungssport
ist Stretching nach dem Trainings absolut kontraindiziert, da es hier zu einer
Anhäufung verschiedener Abbauprodukte im Blut kommt, welche durch die Dehnübungen
noch tiefer ins Muskelgewebe eingebracht werden können. Abgesehen vom Sporttraining
bildet Stretching einen wichtigen Pfeiler in so manchem Gymnastikprogramm oder
auch in der Physiotherapie (siehe "PNF-Therapie"). In diesem Rahmen kann Stretching
sehr wohltuend und hilfreich sein und bei entsprechender Intensität und
nach gutem Aufwärmtraining sogar den Muskelaufbau beschleunigen helfen.
Zusammenfassend lässt sich also festhalten: Als Maßnahme zum Aufwärmen
oder zum Cool-Down nach dem Sporttraining ist Stretching nur bedingt geeignet
und sollte in jedem Falle zielgenau angewendet werden. Als eigenständiges
Training oder zur Verbesserung der Muskel-Nerven-Koordination sowie vieler weiterer
Eigenschaften ist Stretching jedoch nach wie vor von großer Bedeutung.
Eine kleine Übersicht verschiedener Denungsübungen mit Erläuterung
und Effekten für ein individuell zusammen gestelltes Stretching-Training
findet sich zum Beispiel unter http://www.sportunterricht.de/lksport/stretch.html.