PNF in der Physiotherapie - Übungen und Krankengymnastik
Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation - hinter diesem
komplizierten Begriff verbirgt sich ein äußerst effektives
Trainingsprogramm aus dem Bereich der Physiotherapie. Das Übungsprogramm
basiert dabei vor Allem auf Stretching und speziellen Dehnübungen,
weshalb die Methode auch als PNF-Stretching oder Isometrisches Dehnen
angeboten wird. Im Namen der Therapie steckt bereits der Begriff "Neurologie",
welche auf den Anwendungsbereich hinweist: PNF wird vorrangig dort
angewandt, wo neurologische und physiologische Beschwerden und Probleme
gleichzeitig auftauchen. Dies kann beispielsweise bei Muskelspastiken
oder bei teilweise gelähmten Muskelgewebe der Fall sein. Hier
setzt die PNF an: Durch gezielte Bewegungen und Muskelstimulationen,
welche in Folgen wiederholt werden, kommt es zu einer Verbesserung
von Koordination und Bewegungsabläufen. Dieses Zusammenspiel
von neurologischen und physiotherapeutischen Effekten ist es, welche
die PNF zu einer so wertvollen Behandlungsmöglichkeit in vielen
Therapiebereichen machen. Neben erworbenen oder durch Unfall oder
Operationen bedingten Bewegungseinschränkungen können so
auch angeborene Muskelspastiken behandelt und so gut als möglich
verbessert werden. Auf Grund der besonderen Anwendbarkeit der PNF-Therapie
wird sie dem Behandlungsbereich der Neurophysiologie zugeordnet.
Damals und Heute: Wie die PNF entwickelt wurde
Wie viele Verfahren hat sich auch die Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation
aus verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten entwickelt, die sinnvoll miteinander
kombiniert und erweitert wurden. In den Fünfziger Jahren des vergangenen
Jahrhunderts wurden erstmals Kenntnisse über die komplexen Abläufe
der Neurophysiologie und deren Möglichkeit zur Rehablitation bekannt. Diese
Kenntnisse fanden sich bald darauf in verschiedenen physiotherapeutischen Maßnahmen
wieder, wie beispielsweise den Methoden nach Scott oder Herrington. Das Konzept
der PNF wurde unter diesem Namen erstmals von der Physiotherapeutin Margaret
Knott sowie dem Neurophysiologen Herman Kabat in den USA entwickelt. Die beiden
Kalifornier erarbeiteten die Methode sowohl an Hand der neuen wissenschaftlichen
Erkenntnisse als auch auf Basis ihrer Erfahrungswerte, welche sie in ihrer eigenen
Praxis beispielsweise mit Polio-Patienten sammeln konnten. Bei durch die tückische
Kinderlähmung Geschädigten zeigten die eigens entwickelten Übungen
schon bald erstaunliche Erfolge, die bei vergleichbaren Therapieverfahren nicht
zu verzeichnen waren. Diese Behandlungserfolge waren zum damaligen Zeitpunkt
zwar nicht vollständig wissenschaftlich erklär- und belegbar, machten
die PNF-Methode jedoch innerhalb kürzerer Zeit zu einer sehr gefragten Therapiemaßnahme.
Im Laufe der Zeit und mit zunehmendem Wissen im Bereich der Neurophysiologie
erhielt die Methode auch internationale Anerkennung. Heute gibt es weltweit Ausbildungszentren
und Institutionen, die Richtlinien zur Qualität und Durchführung der
Therapie erstellen und überprüfen. Übrigens: Heute zählt
die PNF zu den Standardbehandlungen innerhalb der Physoptherapie und bildet oftmals
die Grundlage für viele individuelle Trainingspläne zur Behandlung
chronisch Kranker oder zur Rehabilitation nach einer Operation.
Durchführung und Übungen: Das passiert bei der PNF-Behandlung
Die PNF-Methode basiert auf der Grundlage von Rezeptoren im Körper, daher
auch der Begriff "Propriozeptiv". Diese Rezeptoren sind unter Anderem dafür
verantwortlich, dass ein Mensch bestimmte Bewegungsabläufe einmal gelernt
nicht wieder vergisst und Gehirn, Rückenmark, Muskeln, Sehnen und Gelenke
in einem sehr komplexen System ganz routiniert zusammen arbeiten, um die geforderte
Bewegung auszuführen. Bei angeborenen Defiziten wie Muskelspastiken, nach
Unfällen und Operationen oder bei bestimmten Erkrankungen des Zentralnervensystems
aber kann diese Rezeptor-Wirkung gestört sein. Die PNF-Therapie setzt hier
ein, indem sie vor den eigentlichen Bewegungen jeweils eine gezielte Dehnung
einbaut. Ein solcher Dehnungsmechanismus führt zu einer "Verwirrung" in
diesem System, indem die sogenannten Dehnungsrezeptoren des Muskelgewebes zusätzliche
Informationen liefern. Die kurzzeitige und gewollte Reizüberflutung sorgt
aber bei Patienten mit gestörten Bewegungsmustern für eine erhöhte
Aufmerksamkeit des Körpers, wodurch es möglich ist, nach und nach "richtige" Bewegungsabläufe
zu trainieren und diese auch in den entsprechenden Rezeptoren als Erinnerung
zu speichern. Bei kontinuierlichem Training kommt es zu einem fortwährend
verbesserten "Bewegungsgedächtnis", welches alle für gesunde Menschen
automatischen Bewegungen neu erlernt und dann abspeichert. Nach einer erfolgreichen
PNF-Therapie sind Koordination und Bewegungsfähigkeit somit auf ein Höchstmaß wieder
hergestellt. Bei der Behandlung wirken verschiedene Reize auf das Nervensystem,
welche neben den eigentlichen Bewegungen und Dehnungen auch Gehör, Auge
und Haut des Behandelten ansprechen. Aus diesem Grunde ist die Zusammenarbeit
mit einem erfahrenen Therapeuten für PNF enorm wichtig. Während der
Behandlung werden die gestörten Bewegungsabläufe durch korrekte Bewegungsmuster
ersetzt. Die Therapie geschieht dabei sehr kleinschrittig, indem ein einzelner
Ablauf von Bewegungen in seine kleinsten Einzelbewegungen zerlegt wird. Diese
Einzelbewegungen werden jeweils individuell trainiert. Hierbei können sowohl
Stretchungen / Dehnungen als auch dynamisches Halten der Muskelspannung oder
eine rhytmische Spannung erforderlich sein. Nach einem individuellen Behandlungsplan
werden die Bewegungsabläufe durch Kombination verschiedener Reize und Bewegungen
kontinuierlich und ohne Zwischenpausen trainiert. Der schnelle Ablauf der jeweiligen
Behandlungsmuster ohne Entspannung ermöglicht schnelle und effektive Behandlungserfolge.
Wirkung und Behandlungsziele
Die PNF-Methode hat eine ganze Reihe verschiedener Effekte auf das Muskel- sowie
zugehörige Nervengewebe. Diese Effekte greifen zum Teil ineinander über
und ermöglichen deshalb eine umfassende Therapierung eingeschränkter
Beweglichkeit sowie gestörter Bewegungsabläufe. Das Zusammenspiel von
Muskeln und zugehörigen Nerven wird dabei deutlich verbessert. Durch die
regelmäßige und gezielte Stimulation des Muskels kommt es zu einer
Erhöhung des sogenannten Muskeltonus, also der Möglichkeit zur Anspannung
dessen. Dies bedeutet, dass beispielsweise schwache oder spastische Muskeln deutlich
gestärkt bzw. normalisiert werden können. Ein solcher Effekt wird auch
als Fazilitation bezeichnet, was sich im Namen der Methode widerspiegelt. Durch
die neurophysiologische Stimulation kommt es außerdem zu einer allgemeinen
Verbesserung von Koordination, Beweglichkeit, Grob- und Feinmotorik sowie einer
Stärkung der Muskelausdauer- sowie Kraft auch bei Belastungen. Die Kombination
aus physiologischen und neurologischen Effekten schlägt sich in einer allgemein
deutlich verbesserten Beweglichkeit sowie Bewegungskoordination wieder, welche
die individuellen Bewegungsabläufe auf ein größtmögliches
Maß wieder normalisiert.
Für wen ist die PNF-Behandlung geeignet?
Auf Grund ihrer breiten Anwendbarkeit im neurophysiologischen Bereich kann die
PNF-Therapie sowohl nach Operationen als auch bei Störungen des Zentralen
Nervensystems durchgeführt werden. Zu Letzteren zählen alle Krankheiten,
die sich unmittelbar negativ auf das Nervensystem und in Folge dessen auch auf
die Bewegungsabläufe auswirken. Hier sind beispielsweise Multiple Sklerose,
Erkrankungen des Rückenmarks, Lähmungen durch verschiedenste Ursachen
oder auch die Rehabilitation nach einem Schlaganfall zu nennen. Auch nach Operationen
und Unfällen, nach denen es zu Bewegungsausfällen kommen kann, ist
die PNF-Behandlung sinnvoll. Hierzu zählen beispielsweise chirurgische Operationen
von Brüchen und Sehnenverletzungen, aber auch nach Amputationen oder dem
Einbau von Hüftprothesen, Kreuzbandplastiken und andere Eingriffe. Als vornehmlich
physiotherapeutische Maßnahme wird die PNF-Behandlung auch von Orthopäden
beispielsweise bei Wirbelsäulenerkrankungen wie Arthrose oder anderen Beschwerden
verschrieben. Nicht geeignet hingegen ist die PNF-Therapie bei allen akuten und
entzündlichen Erkrankungen oder Tumoren. Auch wer gerade an einer Grippe
oder Fieber leidet, sollte nicht an der PNF-Stunde teilnehmen. Darüber hinaus
gibt es viele Situationen, in denen eine genaue Einschätzung eines erfahrenen
Arztes nötig ist. Hierzu zählen beispielsweise akute Knochenbrüche,
aber auch schmerzhafter Gelenkverschleiß. In diesem Fall sind die Nutzen
sowie eventuellen Risiken bzw. Schmerzen bei der PNF-Behandlung gegeneinander
abzuwägen.
Wer bietet die PNF-Therapie an?
Die PNF-Therapie wird heute in zahlreichen physiotherapeutischen Praxen angeboten.
Einige auf gestörte Bewegungsabläuge spezialisierte Ärzte wie
Neurophysiologen bieten die Methode ebenfalls in ihrer Praxis oder in Kooperation
mit einem Physiotherapeuten an. Darüber hinaus werden die PNF-Übungen
auch in Reha-Kliniken und anderen Einrichtungen zur Wiederherstellung der Beweglichkeit
sowie der Bewegungskoordination angeboten. Interessante und detaillierte Informationen
rund um das Konzept finden sich auch auf der Englisch sprachigen Seite der Weltweiten
PNF Association: http://www.ipnfa.org.